Cookie-Einstellungen
Wir verwenden Cookies, um Ihnen ein optimales Webseiten-Erlebnis zu bieten. Dazu zählen Cookies, die für den Betrieb der Seite und für die Steuerung unserer kommerziellen Unternehmensziele notwendig sind, sowie solche, die lediglich zu anonymen Statistikzwecken, für Komforteinstellungen oder zur Anzeige personalisierter Inhalte genutzt werden. Sie können selbst entscheiden, welche Kategorien Sie zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass auf Basis Ihrer Einstellungen womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.
Essenzielle Cookies
- Session cookies
- Login cookies
Performance Cookies
- Google Analytics
Funktionelle Cookies
- Google Maps
- YouTube
- reCAPTCHA
Targeting Cookies
- Facebook Pixel

Reform des
Maßnahmenvollzugs

Der Maßnahmenvollzug in Österreich wurde in seinem Kernbestand seit rund 50 Jahren nicht mehr reformiert.

 

Entsprechend haben Erkenntnisse aus Wissenschaft und Praxis in den letzten Jahrzehnten kaum Niederschlag im Gesetz gefunden. So sind aktuell immer mehr psychisch kranke Menschen im Maßnahmenvollzug untergebracht, die nur leichte Delikte begangen haben. Die Zahl der unzurechnungsfähigen Menschen im Maßnahmenvollzug ist alleine in den vergangenen fünf Jahren um 60 Prozent angestiegen.

 

  • Der europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat Österreich wiederholt im Zusammenhang mit dem Maßnahmenvollzug verurteilt.
  • Viele Regierungen haben eine Reform in der Vergangenheit angekündigt. Mit der Grünen Justizministerin Alma Zadić wird endlich eine tiefgreifende Reform umgesetzt.

 

Die Reform kommt in zwei Teilen. Ziel des ersten Teils der Reform ist, dass jene Menschen, bei denen es aufgrund ihrer Gefährlichkeit notwendig ist, konsequent im Maßnahmenvollzug untergebracht werden. Jene bei denen es hingegen nicht notwendig ist, sollen besser im regulären Gesundheitssystem versorgt werden.

 

Damit reagieren wir auf die seit Jahren geäußerte Kritik am Maßnahmenvollzug und stellen ihn auf neue Beine.

 

Verbesserungen gibt es auch für Jugendliche, bei denen es nun erstmals eine Unterscheidung zu Erwachsenen gibt. Mit eigenen Regeln stellen wir sicher, dass sie nur noch bei schweren Delikten ab einer Strafdrohung von zehn Jahren in den Maßnahmenvollzug kommen.

Die Kategorie der Rückfallstäter*innen wird um Terrorist*innen erweitert. Anlasstat muss eine Terror-Verurteilung mit mindestens 18 Monaten Freiheitsstrafe sein. Zudem ist eine schwere Vortat erforderlich mit einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als 12 Monaten und die Befürchtung, dass weitere solche Straftaten mit schweren Folgen begangen werden. Die Höchstdauer der Unterbringung beträgt zehn Jahre. Die Unterbringung erfolgt in Hochsicherheitsabteilungen getrennt von den psychisch kranken Untergebrachten.

Auch ein menschlicherer Sprachgebrauch findet in der Reform Eingang. So streichen wir den belasteten Begriff der „geistigen Abartigkeit“ aus dem Strafgesetzbuch.

Details zum ersten Teil der Reform des Maßnahmenvollzugs:

 

Im Maßnahmenvollzug werden Menschen untergebracht, die unter einer psychischen Erkrankung leiden und eine Straftat begangen haben, aber nicht zurechnungsfähig sind. Sie können aufgrund dessen nicht verurteilt werden, sind aber dennoch gefährlich.

  • Sie können potentiell lebenslang untergebracht sein.
  • Derzeit befinden sich etwa 1.300 Menschen im Maßnahmenvollzug.

 

Bisherige Kritik:

Es sind immer mehr psychisch kranke Menschen im Maßnahmenvollzug untergebracht, die nur leichte Delikte begangen haben, z.B. weil sie jemanden während eines psychotischen Schubs bedroht haben.

  • Viele Expert*innen kritisieren den österreichischen Maßnahmenvollzug.
  • Der EGMR hat Österreich wiederholt im Zusammenhang mit dem Maßnahmenvollzug verurteilt.
  • Der Maßnahmenvollzug wurde in seinem Kernbestand seit rund 50 Jahren nicht reformiert.
  • Die Erkenntnisse aus Wissenschaft und Praxis der letzten Jahrzehnte haben daher kaum Niederschlag im Gesetz gefunden.

 

 

Die seit Jahren geforderte Reform wird jetzt umgesetzt

 

Die Reform kommt in zwei Teilen. Ziel des ersten Teils der Reform ist, dass jene Menschen, bei denen es aufgrund ihrer Gefährlichkeit notwendig ist, konsequent im Maßnahmenvollzug untergebracht werden. Jene, bei denen es hingegen nicht notwendig ist, sollen besser im regulären Gesundheitssystem versorgt werden. Der zweite Teil der Reform soll u.a. die bessere Betreuung im Maßnahmenvollzug durch mehr Psychiater*innen und Psycholog*innen gewährleisten.

 

Eckpunkte des ersten Teils - Änderung der Einweisungsvoraussetzungen:

In Zukunft sollen insbesondere die Einweisungsvoraussetzungen für psychisch kranke Rechtsbrecher*innen treffsicherer formuliert sein.

 

Anlasstat bei Erwachsenen: Bei den Erwachsenen haben wir sichergestellt, dass in Zukunft jene, die eine echte Gefahr für die Öffentlichkeit darstellen, weiterhin konsequent im Maßnahmenvollzug untergebracht werden. Das umfasst:

  •  Straftaten, die mit über 3 Jahre Freiheitsstrafe bedroht sind (ausgenommen: reine Vermögensdelikte)
  •  Straftaten, die mit zwischen 1-3 Jahre Freiheitsstrafe bedroht sind, wenn eine besonders hohe Gefährlichkeit von Täter*innen für die Rechtsgüter Leib, Leben, sexuelle Integrität und sexuelle Selbstbestimmung konkret besteht.

 

Gleichzeitig sollen jene, die keine Gefahr darstellen, aber bisher trotzdem in den Maßnahmenvollzug gekommen sind, nicht mehr umfasst sein. Damit wird auf die seit Jahrzehnten geäußerte Kritik reagiert.

  •  Das betrifft Straftaten, die mit über 1 Jahr Freiheitsstrafe bedroht sind, aber in die Kategorie „leichte Delikte“ fallen.
  • Diese Fälle sollen durch das zivilrechtliche Unterbringungsgesetz abgefangen werden. Dieses haben wir ebenfalls reformiert (Ergebnisse der Brunnenmarkt-Kommission). Es wurde bereits begutachtet und wird gerade parlamentarisch behandelt.
  •  Mit dem Unterbringungsgesetz können psychisch kranke Personen, von denen etwa während eines akuten psychotischen Schubs eine (vorübergehende) Selbst- oder Fremdgefährdung ausgeht, in die psychiatrische Abteilung eines Krankenhauses eingewiesen werden. Dort soll die Person akut behandelt und versorgt werden.

 

Anlasstat bei Jugendlichen: Bisher gab es im Maßnahmenvollzug keine Unterscheidung zwischen Jugendlichen und Erwachsenen. Nun werden erstmals eigene Regeln für Jugendliche eingeführt. 

  • Bei Jugendlichen, die sich noch in ihrer geistigen und körperlichen Entwicklungsphase befinden, soll nicht derselbe strafrechtliche Maßstab wie bei Erwachsenen angelegt werden. Deshalb gab es immer wieder Kritik, dass Jugendliche 1) zu leicht und 2) zu lange im Maßnahmenvollzug untergebracht werden. 
  • Auch hier soll der Maßnahmenvollzug treffsicherer werden: In Zukunft soll es bei Jugendlichen nur mehr bei einem Kapitalverbrechen zu einer Unterbringung kommen (Freiheitsstrafe: zehn Jahre oder mehr). In den Fällen in denen es notwendig ist, werden Jugendliche also klarerweise weiterhin im Maßnahmenvollzug untergebracht werden – etwa bei Mord oder Vergewaltigung. Aber für eine gefährliche Drohung oder eine Rauferei wird niemand mehr sein Leben lang in den Maßnahmenvollzug müssen.

 

Maßnahmenvollzug für Terrorist*innen: Die neue Regelung des Maßnahmenvollzugs für Terrorist*innen ist an den schon bestehenden Maßnahmenvollzug für Rückfallstäter*innen nach § 23 StGB angelehnt und sieht folgende Eckpunkte vor:

 

  • Die Anlasstat muss ein „Terrordelikt“ mit einer Verurteilung zu mindestens 18 Monaten Freiheitsstrafe sein. 
  • Zudem ist eine schwere Vortat erforderlich (schwere vorsätzliche Gewalt oder Terrorismus oder gemeingefährliche Handlung) mit einer Verurteilung zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als 12 Monaten und die Befürchtung, dass weitere solche Straftaten mit schweren Folgen begangen werden. 
  • Die Höchstdauer der Unterbringung beträgt 10 Jahre (wenn Täter*in unter 21 Jahren: Höchstdauer 5 Jahre). Dazu kommt noch die Dauer der Verurteilung wegen der Straftat selbst. 
  • Zusätzlich muss beim Täter die Gefahr bestehen, dass er wieder terroristische Straftaten begeht. 
  • Die Unterbringung erfolgt in Hochsicherheitsabteilungen getrennt von den psychisch kranken Untergebrachten.

  

 

Agnes Sirkka Prammer, Justizsprecherin der Grünen:

„Zahlreiche Vorgängerregierungen haben bereits die Notwendigkeit von Reformen im Maßnahmenvollzug erkannt, aber erst unter Grüner Regierungsbeteiligung werden diese jetzt tatsächlich umgesetzt.“

„Für Jugendliche mit psychischen Erkrankungen ist die Unterbringung meist der falsche Platz. Mit eigenen Regeln stellen wir sicher, dass sie nur noch bei bestimmten Delikten ab einer Strafdrohung von zehn Jahren in den Maßnahmenvollzug kommen. Außerdem gibt es für sie eine Höchstdauer für die Unterbringung.“

Details zum zweiten Teil der Reform des Maßnahmenvollzugs:

 

  • Die Justizanstalten Göllersdorf und Asten werden jeweils zu einem modernen Zentrum umgebaut, insgesamt 200 neue Plätze werden geschaffen um andere Anstalten zu entlasten, mehr nicht exekutives Personal wird eingestellt (Budget Göllersdorf: ca. 75 Mio. Euro, aber über mehrere Jahre, Budget Asten: 65 Mio. Euro, insgesamt 140 Mio. Euro).
  • In den neuen Vollzugsanstalten gibt es optimale Voraussetzungen für ein umfassendes Therapieangebot, mit dem die Gefährlichkeit der Untergebrachten verringert wird. Außerdem schaffen wir endlich zeitgemäße Behandlungs-und Betreuungsstandards für alle Untergebrachten. Es soll von Tag 1 an einen individuellen Behandlungsplan geben.
  • Verbesserung des Rechtsschutzes während des gesamten Verfahrens und auch während der Unterbringung. Erwachsenenschutzvereine können in Zukunft Betroffene vertreten. Das heißt, während der gesamten Unterbringung gibt es für Betroffene einen Ansprechpartner, der auch Beschwerden für den Betroffenen einbringen kann.
  • Verbesserung des Entlassungsmanagements: Es ist notwendig, ausreichend Nachbetreuungseinrichtungen zu schaffen, um sicherzustellen, dass jede Person nach der Entlassung auch weiterhin die Betreuung erhält, die sie für die erfolgreiche Resozialisierung benötigt. 
  • Mit einem neuen, eigenständigen Gesetz kommt der Maßnahmenvollzug auch sprachlich im 21. Jahrhundert an: In Zukunft heißt es nicht mehr „geistige Abartigkeit höheren Grades“ sondern „psychische Störung“, nicht mehr „Anstalt für geistig Abnorme Rechtsbrecher“ sondern „forensisch-therapeutisches Zentrum“. Denn Sprache ist wichtig und beeinflusst wie wir über Dinge nachdenken.